Geschädigter ist in erster Linie die Telekom, die für ihre Leistungen keinen Pfennig erhält. Doch auch ihre Kunden müssen büßen: Um den Schaden so gering wie möglich zu halten, hat der Telefonriese Tausende Kartentelefone in Großstädten für Gespräche ins Ausland oder mit teuren 0190-Diensten gesperrt.

Die kriminellen Geschäfte mit den Recycling-Karten betreiben eher zwielichtige Gestalten aus den Niederlanden. Sie kaufen systematisch auf Sammlermärkten die leeren Karten auf, offerieren ungeniert in Magazinen wie "Telefon-Karten-Journal" und "Sherlock" Spitzenpreise für Massenware.

Die leeren Karten karren sie in das Nachbarland, wo sie wieder aufgeladen werden. Wer mag, so plaudert Aufkäufer Thomas N. aus dem Nähkästchen, "kann dort nicht nur die aufgefüllten Karten, sondern auch die dazu erforderliche Hard- und Software für einige zehntausend Mark beziehen". Betroffen sind seit September 1995 mit dem Eurochip 1 von Siemens ausgerüstete Telefonkarten - etwa 200 Millionen Stück mit einem Wert von je zwölf oder 50 Mark. Erkennungszeichen: der Pfeil in der Telekom-Farbe Magenta. Pikant: Diese Chipgeneration galt bislang - so Telekom-Vorstand Gerd Tenzer - als "nicht zu entschlüsseln".

Den Ehrgeiz der Hacker scheint das herausgefordert zu haben, denn sie konzentrierten ihre Angriffe auf dieses Modell. Mit entsprechender Software läßt es sich in zwei Sekunden wieder aufladen. Bei älteren Chips dauert der Ladevorgang sieben Minuten. Besonders leicht fällt das Füllen bei der 12-Mark-Karte - sie ist selbst für Fachleute vom Original nicht zu unterscheiden.

Das Aufladen der 50-Mark-Karte ist schwieriger - sie wird nur noch 41 bis 46 Mark wert. Deshalb können die Fälscher sie nur unter der Hand vertreiben - zu einem Verkaufspreis von 19,50 Mark.

Die 12-Mark-Karten dagegen verkaufen sie über regelrechte Vertriebsorganisationen an Kioskbesitzer, Tankstellenbetreiber und Tabakwarenhändler. Ulrich Riebeling, Chef der Mülheimer Filiale des Kartengroßhändlers Tobaccoland, berichtet von Versandangeboten aus den Niederlanden - mit offizieller Rechnung.

Etwa 200 Millionen Telefonkarten können illegal aufgeladen werden
- geschätzter Schaden: 60 Millionen Mark